Wie wird man Allgemeinmediziner?
Das Studium der Humanmedizin dauert in der Regel sechs Jahre bzw. zwölf Semester. Als Pflichtleistungen sind im Ablauf des Medizinstudiums drei Teile zu bestehen, entsprechend ist das Studium in drei Abschnitte geteilt:
- Vorklinischer Teil mit dreimonatigem Pflegepraktikum
- Klinischer Teil mit viermonatiger Famulatur (davon ein Monat in der hausärztlichen Versorgung)
- Praktisches Jahr
Wurde das Studium erfolgreich absolviert, wird dem Mediziner anschließend die Approbation erteilt und er darf den Berufstitel „Arzt“ tragen. Zusätzlich kann durch eine medizinische Doktorarbeit mit entsprechender Dissertationsprüfung der Doktortitel erlangt werden.
Will ein Arzt Allgemeinmediziner werden, muss er eine Facharztausbildung zum Allgemeinmediziner absolvieren. Diese dauert in der Regel fünf Jahre, wovon drei im Krankenhaus und zwei in einer niedergelassenen Praxis zu absolvieren sind. In dieser Weiterbildungszeit werden Expertenwissen, Umgang mit Patienten und medizinische Prozesse vermittelt. Während dieser Zeit trägt der Arzt den Titel „Arzt in Weiterbildung“, „Assistenzarzt“ oder auch „Weiterbildungsassistent“.
Alle Weiterbildungsinhalte und Rahmenbedingungen werden in den einzelnen Bundesländern von den jeweiligen Landesärztekammern festgelegt und in der Weiterbildungsordnung fixiert. Die Ausbildung zum Facharzt darf nur bei einem durch die Bayerische Landes-ärztekammer (BLÄK) zur Weiterbildung befugten Vertragsarzt in einer zugelassenen Weiterbildungsstätte erfolgen. Die Anstellung des Weiterbildungsassistenten bedarf zudem der vorherigen Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB).
Nach Abschluss der Ausbildung muss eine Facharztprüfung bei der Landesärztekammer abgelegt werden. Nach erfolgreich bestanden-er Prüfung und dem Erwerb des Facharzt-Titels, kann eine Niederlassung, also die Übernahme oder eine Neugründung einer Arztpraxis erfolgen.
Nur ein Facharzt kann Kassenpatienten versorgen. Der Facharzt muss zwingend eine Mitgliedschaft bei der Landesärztekammer des jeweiligen Bundeslandes haben, welche für die kassenärztliche Versorgung benötigt wird. Der Antrag auf Zulassung ist bei der Geschäftsstelle des örtlich zuständigen Zulassungsausschusses zu stellen. Im Antrag ist anzugeben, für welchen Vertragsarztsitz und unter welcher Arztbezeichnung (Fachgebiet) die Zulassung beantragt wird. Die Entscheidung über die Zulassung trifft der für den jeweiligen Zulassungsbezirk örtlich zuständige Zulassungsausschuss. Mit der Zulassung ist der Arzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet.
Der Weg in die Praxis
Bedarfsplanung
Die Bedarfsplanung regelt, wie viele Ärzte und Psychotherapeuten in den Planungsbereichen einer Region für die ambulante Versorgung zugelassen werden können. Die Bedarfsplanung wurde in den 1990er Jahren eingeführt. Ziel war es, die Niederlassung von Vertragsärzten besser zu steuern und damit flächendeckend einen gleichmäßigen Zugang der Bevölkerung zur ambulanten ärztlichen Versorgung sicherzustellen. Als Konsequenz aus der Bedarfsplanung haben Ärzte und Psychotherapeuten nicht mehr die Möglichkeit, sich frei an einem Ort ihrer Wahl niederzulassen. Dies bedeutet eine Einschränkung des Grundrechts auf Berufsfreiheit zugunsten des öffentlichen Interesses an einer flächendeckenden ärztlichen Versorgung. Während bei Einführung der Bedarfsplanung insbesondere die Sorge vor einer „Ärzteschwemme“ im Mittelpunkt des Interesses stand, ist es heute der zukünftige oder bereits manifeste Ärztemangel vor allem in ländlichen Regionen. Hier hilft die Bedarfsplanung mögliche Unterkapazitäten zu identifizieren und ist damit die Grundlage für Fördermaßnahmen von KVen und Krankenkassen.
Die Bedarfsplanung wird seit Anfang Januar 2013 durch die neue Bedarfsplanungs-Richtlinie geregelt. In dieser wird ein bundeseinheitlicher Rahmen für die Bedarfsplanung der vertragsärztlichen (einschließlich der psychotherapeutischen) Versorgung definiert, insbesondere zu den Verhältniszahlen (Anzahl Einwohner pro Arzt), den räumlichen Planungsbereichen, den regionalen Besonderheiten, die ein Abweichen vom bundeseinheitlichen Rahmen begründen, sowie der Feststellung eines über- oder unterdurchschnittlichen Versorgungsniveaus.
Mit dem Ziel einer wohnortnäheren Versorgung wurden die Mittelbereiche als Planungsbereiche für die hausärztliche Bedarfsplanung herangezogen und auf Grund ihrer unterschied-lichen Größenstrukturen teilweise geteilt, sodass insgesamt 204 hausärztliche Planungsbereiche in Bayern existieren.
Die Zählung für die Bedarfsplanung erfolgt nach einem Arzt-Einwohner-Verhältnis: Für jede Arztgruppe und jeden Planungsbereich wird über die sogenannte Verhältniszahl das Soll-Verhältnis zwischen Ärzten und Einwohnern definiert. Die Verhältniszahl legt fest, dass für 1.671 Einwohner ein Arzt vorhanden sein soll. Ist das um die Altersstruktur der Einwohner eines Planungsbereiches korrigierte Arzt-Einwohner-Verhältnis erfüllt, liegt der Versorgungsgrad bei 100%. Der Versorgungsgrad zeigt also das Verhältnis der aktuell tätigen Ärzte (Ist-Zustand) zu den laut Bedarfsplanungsrichtlinie im Planungsbereich benötigten Ärzte (Soll).
Die Versorgungsgrade:
100 % | Zahl der tätigen Ärzte entspricht der Zahl der benötigten Ärzte |
> 100 % | Zahl der tätigen Ärzte übersteigt Zahl der benötigten Ärzte (Überversorgung) |
> 110 % | Ab diesem Grad an Überversorgung sind Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. |
< 75 % | Sinkt Versorgungsgrad auf unter 75% liegt Unterversorgung vor. Die KVB und AG der Krankenkassenverbände Bayern prüfen daraufhin den Planbereich auf das Vorliegen der (drohenden) Unterversorgung. Nach der Prüfung durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen wird die (drohende) Unterversorgung offiziell festgestellt. |
Optionen für (junge) Ärzte
Niederlassung
Neue Arztsitze können sowohl in unter- als auch in regelversorgten Planungsbereichen beantragt werden. Die KVB bietet auf ihrer → Internetseite eine Übersicht über den Versorgungsstand einzelner Bereiche, die jeweilige Zahl der Niederlassungsmöglichkeiten und ausgeschriebene Stellen.
Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes, ob ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll.
Liegt eine übergabefähige Praxis vor und hat der Zulassungsausschuss dem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die KVB den Vertragsarztsitz auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Der abgebende Vertragsarzt hat die Möglichkeit, sich mit den Bewerbern zivilrechtlich über die Übernahme der Praxis zu einigen. Besteht Interesse an der Praxis, hat der Bewerber die Möglichkeit, beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf Zulassung als Nachfolger zu stellen. Stellen mehr als ein Bewerber Antrag auf Zulassung, hat der Zulassungsausschuss den geeignetsten Kandidaten auszuwählen.
Anstellung
Gerade für junge Ärzte werden Angestelltenverhältnisse in bereits etablierten Praxen immer attraktiver. Zudem geht auch der allgemeine Trend weg von der Einzelpraxis hin zur Gemeinschaftspraxis. Vertragsärzte können Ärzte der gleichen Fachrichtung oder – unter bestimmten Voraussetzungen – einer anderen Fachrichtung anstellen. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) können Ärzte jeder Fachrichtung – sofern keine Zulassungssperren bestehen – anstellen. Der anzustellende Arzt muss hierfür im Arztregister eingetragen sein.
Die Genehmigung der Anstellung erfolgt durch den Zulassungsausschuss. Je vollzugelassenem Vertragsarzt können grundsätzlich drei Vollzeit beschäftigte Ärzte angestellt werden oder eine entsprechende Anzahl von Teilzeit angestellten Ärzten. Über diese An-zahl hinaus ist eine Anstellung genehmigungsfähig, wenn nachgewiesen ist, dass durch Vorkehrungen die persönliche Leitung der Praxis gewährleistet ist. Wird die Anstellung eines angestellten Arztes, für dessen Arztgruppe im Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, beendet, kann dessen Arztstelle trotz der angeordneten Zulassungsbeschränkungen durch einen Arzt derselben Arztgruppe nachbesetzt werden. Die Nachbesetzung von Arztstellen ist regelmäßig innerhalb einer Frist von sechs Monaten möglich. der Zulassungsausschuss hat die Befugnis, diese Nachbesetzungsfrist in besonderen Fällen des Misslingens rechtzeitiger Nachbesetzung trotz erkennbar ernstlichen Bemühens auf Antrag nochmals um höchstens weitere sechs Monate zu verlängern.
Weitere Informationen zur Anstellung von Ärzten finden sich im → Merkblatt der KVB.
Job-Sharing
Auch in für neue Zulassungen/Anstellungen gesperrten Planungsbereichen gibt es für Ärzte und Psychotherapeuten eine Möglichkeit, vertragsärztlich tätig zu werden, das Job-Sharing. Job-Sharing bedeutet, dass ein bereits zugelassener Vertragsarzt bzw. -psychotherapeut seinen Versorgungsauftrag mit einem zusätzlich tätig werdenden Arzt teilt und sich gemeinsam mit diesem dazu verpflichtet, nicht mehr Leistungen zu erbringen als der bisherige Vertragsarzt in den vorangegangenen vier Quartalen.
War der bisherige Vertragsarzt/-psychotherapeut weniger als vier Quartale tätig oder hat er in den vorangegangenen vier Quartalen unterdurchschnittlich abgerechnet, wird die Obergrenze auf denFachgruppendurchschnitt angehoben. Bei der Bedarfsplanung wird dieser zusätzliche Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung nicht mitgezählt. Dabei ist Job-Sharing jeweils nur unter Ärzten der gleichen Fachrichtung zulässig.
Durch das Job-Sharing werden Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Praxisführung geschaffen, die sowohl im Interesse des Praxisinhabers wie auch im Interesse des hinzukommenden Arztes liegen können, z.B.:
- Entlastung des Praxisinhabers
- Anpassung der Praxisöffnungszeiten und des Leistungsangebotes an die Patientenbedürfnisse
- Möglichkeit zur Teilzeittätigkeit
- Einstiegsmöglichkeit von (jungen) Kollegen trotz Zulassungs-sperren
- sanfte Praxisabgabe/Praxisübernahme mit der Möglichkeit des Kennenlernens von Praxisbetrieb und Patientenklientel
Weitere Informationen finden sich auf der → Internetseite der KVB.
Weitere Informationen:
→ Medizinische Versorgung in ländlichen Räumen
→ Werben und Unterstützung für „Landärzte“
→ Betreibermodelle
→ Informations- und Vernetzungsplattformen
→ Fördermöglichkeiten und -programme
Alle Informationen können Sie außerdem in gebündelter Form in unserem → Kompendium nachlesen.
Eine Kurzübersicht liefert unser → Newsletter.