Reichlich Lesestoff halten die Amts- und Funktionsträger mit dem Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept in Händen. (Quellen: Text und Abbildungen, Melanie Scheuenstuhl)
(Artikel aus dem Fränkischen Anzeiger / Erschienen am Freitag, 24. Februar 2017)
LINDEN – Der lange und im stetigen Austausch erarbeitete Fahrplan für die zukunftsfähige Entwicklung des hiesigen ländlichen Raums ist endlich fertig: Im Gasthof „Linden“ wurde jüngst das rund 270-Seiten umfassende Integrierte Ländliche Entwicklungskonzept (ILEK) offiziell vorgestellt und an die Mitgliedsgemeinden der Kommunalen Allianz Region Rothenburg übergeben. Für diese beginnt nun die eigentliche Aufgabe, nämlich die darin enthaltenen Ideen mit Leben zu füllen.
„Packen wir’s an, gemeinsam sind wir stark“, schwor deshalb Colmbergs Bürgermeister Wilhelm Kieslinger, Vorsitzender der Kommunalen Allianz Region Rothenburg, die Rathauschefs der weiteren zehn Mitgliedsgemeinden (Adelshofen, Buch am Wald, Gebsattel, Geslau, Insingen, Neusitz, Ohrenbach, Rothenburg, Steinsfeld und Windelsbach) ein. Der oft zitierte demographische Wandel stellt vor allem die kleinen Gemeinden auf dem Land vor große Herausforderungen.
Um für Bewohner und potenzielle Zuzügler attraktiv zu sein und zu bleiben, müssen sie etwa in den Bereichen Arbeit und Wirtschaft, Wohnen, Daseinsvorsorge, Tourismus und Erholung, Landnutzung und Energie sowie hinsichtlich der eigenen Identität aktiv werden (entspricht den sechs Handlungsfeldern des ILEK).
Landrat Dr. Jürgen Ludwig wies in seinen Grußworten darauf hin, dass die Menschen heutzutage „überörtlich“ leben. Bildung, Arbeit, Daseinsvorsorge und Freizeitangebote findet man oftmals nicht alle gleichzeitig am Wohnort vor. Denn für viele Gemeinden ist es schlicht nicht möglich, die gesamte gewünschte Infrastruktur selbst anzubieten, was in bestimmten Bereichen wohl auch gar nicht sinnvoll wäre.
Deshalb kam man auf die Idee die Kräfte zu bündeln. So schlossen sich die ehemaligen kommunalen Allianzen „Rothenburger Land“ und „Obere Altmühl“ zusammen. Man erhoffe sich davon, „Synergien für eine nachhaltige, gemeinsame Zukunftsgestaltung zu nutzen“, so Wilhelm Kieslinger. Ziel sei es, die Region „attraktiv und lebenswert zu gestalten“, und „nicht abzuwarten, was die allgemeine Entwicklung“ bringt.
Grundlegende Leitlinien
Das Konzept zeigt die grundlegenden Leitlinien für die zukünftige Entwicklung des Allianzgebietes auf. Es baut dabei auf lokale Prägungen und Qualitäten der Orte und Landschaften und benennt übergeordnete Ziele zur Bewahrung und Entwicklung der Kulturlandschaft, zur Entwicklung und Stärkung von Orten und Angeboten und zur Anbindung und Erschließung des Raums.
Die sechs Handlungsfelder beinhalten über 70 Projektvorschläge zum Ausbau der Allianz in einem Zeitraum zwischen fünf und 20 Jahren. Für jedes Handlungsfeld einigten sich Fachplaner und Mitgliedsgemeinden auf Starterprojekte, die kurzfristig angegangen werden können. Sie lauten: Vinothek Tauberzell, Flexibus, Dorfladen und Treffpunkt (Neusitz), Gastronomie und Direktvermarkter, Entwicklungskorridor „Alte Bahnlinie Rothenburg-Gebsattel“, Natur-Erlebnis-Park „Dachsbau Colmberg“, Innenentwicklungsstrategie – Bürgerzentrum Steinsfeld und Landwirtschaftliches Kernwegenetz Region Rothenburg.
Im Oktober 2014 erhielt man vom Amt für Ländliche Entwicklung die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn für die Erstellung des Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzeptes. Bereits im November wurde der Auftrag an die Arbeitsgemeinschaft Schirmer Architekten, WGF Nürnberg und Insignio Ippesheim vergeben. Deren Mitarbeiter, Sigrid Ziesel und Johannes Klüpfel, stellten in Linden den zahlreichen Gästen das fertige Konzept in komprimierter Form vor.
In dem kommunalen Fahrplan sind die Ergebnisse zahlreicher Work-shops und Sitzungen während der vergangenen zwei Jahre mit eingeflossen, in denen auch die Bürgerschaft der elf Mitgliedsgemeinden stark eingebunden wurde. Im Laufe dieser intensiven Orientierungsphase habe er sich manchmal wie ein „Getriebener“ gefühlt, gibt Bürgermeister Alfred Wolz freimütig zu. Es galt innerhalb dieses kommunalen Zusammenschlusses zu sondieren, welches Thema in welchem Bereich angesiedelt ist und welche Gelder man wofür bekommen kann.
Da Bürger und Bürgermeister in der Regel äußerst einfallsreich sind, wenn es um Wünsche für die eigene Gemeinde geht, war Allianz-Vorsitzender Wilhelm Kieslinger besonders gefragt. Alfred Wolz dankte ihm mit einem Weinpräsent für das „Sammeln, Bündeln und Ausgleichen“ der unterschiedlichen und manchmal wohl auch konkurrierenden Begehrlichkeiten der Prozess-Beteiligten.
Landrat Dr. Jürgen Ludwig lobte das fertige Konzept. Es habe die „nötige Kleinteiligkeit“ um konkret zu sein, darüber hinaus setze es „ausreichend Schwerpunkte“ und es sei „intensiv mit den Betroffenen abgestimmt“. Allerdings, so gab er den Rathauschefs der Kommunalen Allianz mit auf den Weg, sei ein „Konzept nur so gut wie seine Umsetzung“. Auch wenn dafür mitunter ein „langer Atem“ nötig sei, gab sich Dr. Jürgen Ludwig zuversichtlich, dass sich die erhoffte Qualität der Projekte einstellen werde.
Wilhelm Kieslinger bat die Beteiligten, die in dem Konzept enthaltenen Ideen und Projekte „mit Augenmaß umzusetzen“. Nicht alle Maßnahmen müssen kurzfristig realisiert werden, denn „dieses Konzept hat die nächsten Jahre seine Gültigkeit, aber man sollte schon dran bleiben“. Der Ball liegt allerdings zunächst beim Amt für Ländliche Entwicklung (ALE), das das Konzept genehmigen muss und über die Förderung entscheidet.
Behördenleiter Gerhard Jörg sieht in dem Fahrplan eine Fortsetzung der bisherigen Maßnahmen zur Zukunftssicherung der Gemeinden im ländlichen Raum, die das ALE mitbegleitet hat. So wurden laut Gerhard Jörg in den vergangenen 25 Jahren in der Region 22 Verfahren umgesetzt, die insgesamt 20000 Hektar umfassten und sich über 53 Ortschaften erstreckten.
In „sehr guten Händen“
Die Umsetzung der Projekte sieht Wilhelm Kieslinger beim ALE in „sehr guten Händen“, denn dort habe man „erfahrene, kompetente und vorausschauende Ansprechpartner“. ALE-Leiter Gerhard Jörg nutzte die Gelegenheit und wies darauf hin, dass im Rahmen einer Dorferneuerung neuerdings auch Kleinstunternehmen mit maximal neun Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von zwei Millionen Euro gefördert werden können.
Die Steuerung und Begleitung der Umsetzung der Projekte wird auf der operativen Ebene von der Lenkungsgruppe gewährleistet, unter dem Vorsitz der Leitkommune. Mit Musik geht alles leichter und so spielte angesichts der nun anstehenden Aufgaben in der Allianz und den einzelnen Kommunen die Kapelle „Sabbalott“, deren Musiker zufälligerweise alle aus den Mitgliedsgemeinden kommen, bei der Konzeptübergabe auf. Nach dem offiziellen Teil gab es dann auch eine körperliche Stärkung in Form eines Büfetts.